Autorin: Anne-Marie Vissers, Datum 06.12.2024

Mit Menschen aus verschiedenen Kulturen und Hintergründen zu arbeiten, ist eine Bereicherung – aber manchmal auch eine Herausforderung. Als ich kürzlich mit einer Gruppe von 45 Fahrern aus unterschiedlichen Nationen und mit verschiedenen Hintergründen bei einem großen Logistikunternehmen arbeitete, wurde mir erst allmählich bewusst, wie wichtig Sprache in diesem Prozess sein würde. Diese Fahrer sind wahre Experten. Sie liefern nicht nur Pakete aus, sondern installieren auch Kochfelder, bauen Möbel zusammen und montieren komplette Küchen. Doch das Unternehmen wollte einen Schritt weitergehen:

Die Kunden sollten nicht nur zufrieden sein, sondern begeistert. Eine Ambition, zu der ich gern meinen Teil beitragen wollte. 

Ich hatte einen inspirierenden Workshop vorbereitet, der sich auf Kundenfreundlichkeit und persönliche Einbindung konzentrierte. Doch schon bald merkte ich, wie zentral Sprache in unseren Gesprächen war. Es ging nicht nur darum, was gesagt wurde, sondern auch darum, wie es gesagt wurde – und wie die Fahrer sich in einer Sprache fühlten, die nicht immer ihre eigene war.

Während der Sitzungen fiel mir auf, dass sich einige Fahrer weniger sicher fühlten, wenn sie sich auf Deutsch ausdrücken mussten. Also beschloss ich, in ihre Welt einzutauchen – ganz buchstäblich. Während einer Fahrt im Lkw fragte ich einen der Fahrer, was Kundenfreundlichkeit für ihn bedeutet. Ich bat ihn, mir das in seiner Muttersprache zu erzählen, auch wenn ich natürlich kein Wort davon verstand.

Doch das brauchte ich auch nicht. In seiner Muttersprache strahlten seine Worte vor Energie. Seine Gesten waren offen, seine Stimme klang selbstbewusst. Als ich ihn dann bat, das Gleiche auf Deutsch zu erzählen, merkte ich, wie er sich zurückzog. Seine Worte kamen zögerlich, seine Stimme wurde leiser. Es war, als würde sein Selbstvertrauen verschwinden.

Dieses Muster wiederholte sich bei mehreren Fahrern. Was mich berührte, war nicht ein vermeintlicher Mangel an Sprachkenntnissen, sondern das Gefühl, wie sehr unsere Sprache ein Teil unseres Zuhauses ist. Sprache ist nicht nur ein Mittel zur Kommunikation, sondern auch ein Spiegel dessen, wer wir sind. Um ihre Kundenfreundlichkeit wirklich zu stärken, wurde mir klar, dass ich mich nicht nur auf den Inhalt konzentrieren durfte, sondern darauf, wie sie sich in einer anderen Sprache authentisch und selbstbewusst ausdrücken konnten.

Dieses Verständnis veränderte alles. Gemeinsam suchten wir nach Wegen, ihre Persönlichkeit und Authentizität auch in einer fremden Sprache zu bewahren. Wir übten mit einfachen Sätzen und legten besonderen Wert auf nonverbale Kommunikation – Haltung, Stimme, Gestik. Der Fokus verschob sich weg von „das Richtige sagen“ hin zu „sich selbst bleiben, unabhängig von der Sprache“.

Was als Projekt zur Verbesserung der Kundenfreundlichkeit begann, wurde für mich zu einer wertvollen Lektion über Sprache und Verbindung. Ich habe gelernt, dass Sprache keine Einschränkung sein muss, sondern eine Brücke sein kann – wenn wir bereit sind, auch das Unausgesprochene wahrzunehmen.

Also, wenn Sprache das nächste Mal, wie eine Herausforderung erscheint, stell dir die Frage: Wie kann ich eine Umgebung schaffen, in der sich jemand gesehen und gehört fühlt? Es geht selten um Perfektion – meistens geht es um Vertrauen. Sprache ist keine Mauer; sie ist eine Einladung, einander wirklich kennenzulernen.

Möchtest du dich mehr zum Thema Kundenfreundlichkeit inspirieren lassen? Dann lade ich dich herzlich ein, meinen Podcast anzuhören. Viel Spaß beim Zuhören!

Eure Anne-Marie Vissers